Tafel des Tages

Welleisen zur Haarkringelung gab es schon lange, aber der badische Friseur Karl Ludwig Nessler war auf etwas Nachhaltigeres aus. Er tränkte die Locken seiner Verlobten mit Borax und wickelte sie strähnenweise auf eine brandblasenträchtige Heiz-Apparatur auf, die äußerst steampunk aussah. Aber: Die Locken hielten!
 
Das Verfahren musste natürlich ausgereift werden. Doch während sich unter Nesslers Londoner Kundinnen die Nachricht von der Zauberlocke schnell verbreitete, blieben die Friseure skeptisch, weil sie schon das Ende ihrer Zunft schwarzmalten. Auch dies war eine versteckte Bestätigung des unaufhaltsamen Siegeszuges der Dauerwelle.
 
Fortan hatte jede Epoche ihre eigene Welle – Jugendstil ist schließlich nicht Minipli; und über Borax sind wir rein chemisch auch hinaus. Heute ordnet sich die Dauerwelle dem Föngebrauch allgemein unter, ist aber bei langen Haaren nach wie vor gefragt.
 
Herrn Mayers literarische Naturwelle gratuliert zu 119 Jahren Keratindressur und wünscht allen Menschen einen friedlichen Mittwoch.
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